Medizinrecht: Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

//Medizinrecht: Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

Medizinrecht: Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

Im vorliegenden Fall hatte die Betroffene Ende des Jahres 2011 einen schweren Hirnschlag erlitten. Infolgedessen wurde sie seit diesem Zeitpunkt über eine Magensonde ernährt und mit Medikamenten versorgt. Im Frühjahr 2013 erlitt die Betroffene einen epileptischen Anfall, aufgrund dessen sie die Fähigkeit zum Sprechen verlor.

Bereits vor ihrem Hirnschlag hatte die Betroffene eine „Patientenverfügung“ errichtet, in welcher sie verfügte, dass für den Fall, dass aufgrund Krankheit oder eines Unfalls ein schwerer Dauerschaden des Gehirns entstehe, „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten. Gleichzeitig erteilte sie ihrer Tochter die Vollmacht, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen zu entscheiden, wenn feststehe, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht zu erwarten sei.

Die Tochter der Betroffenen als deren Bevollmächtigte, sowie die behandelnde Hausärztin waren der Meinung, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung (welcher unmittelbar zum Tod der Betroffenen geführt hätte) derzeit nicht dem Willen der Betroffenen entsprach. Die beiden anderen Töchter der Betroffenen wollten bewirken, dass das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellt, welcher die ihrer Schwester erteilte Vollmacht widerrufen und einem Behandlungsabbruch zustimmen sollte. Der Bundesgerichtshof lehnte eine solche Bestellung in letzter Instanz ab. Der BGH begründete dies damit, dass eine schriftliche Patientenverfügung nur dann eine unmittelbare Bindungswirkung (für die Bevollmächtigten) entfalte, wenn sie konkrete Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen enthalte. Nicht ausreichend seien allgemeine Anweisungen wie z.B. die Aufforderung, ein „würdevolles Sterben“ zu ermöglichen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten sei. Im vorliegenden Fall fehlte es an einer Zustimmung oder Ablehnung bestimmter Maßnahmen.

Infolgedessen hatte sich die Tochter der Betroffenen als Bevollmächtigte auch nicht über den Willen der Vollmachtgeberin hinweggesetzt, weswegen die Bestellung eines Kontrollbetreuers nicht geboten war.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.07.2016, AZ XII ZB 61/16)

By |2016-10-06T09:40:25+00:00Oktober 6th, 2016|Blog Kanzlei Zantke & Kollegen|0 Kommentare

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