2306 BGB regelt vereinfacht Folgendes: Wenn ein Pflichtteilsberechtigter erbt, sein Erbe jedoch durch Einsetzung eines Nacherben, Anordnung von Testamentsvollstreckung, Teilungsanordnung, Vermächtnis oder Auflage beschwert ist, kann er das Erbe ausschlagen und – ausnahmsweise – trotzdem den (unbeschwerten) Pflichtteil fordern.
Bis zum 31.12.2008 war § 2306 BGB anders gefasst: Hier kam es darauf an, ob der dem Pflichtteilsberechtigten überlassene Erbteil größer oder kleiner als der Pflichtteil war. Nur dann, wenn der Erbteil größer als der Pflichtteil war musste der Pflichtteilsberechtigte zur Wahrung seiner Ansprüche das Erbe ausschlagen. War dagegen der ihm zugewiesene Erbteil kleiner als der Pflichtteil musste er nichts tun.
Dem Kläger war unbekannt, dass er nach heutiger Rechtslage ein beschwertes Erbe immer ausschlagen muss um den Pflichtteil zu erhalten, unabhängig davon, ob sein Erbteil größer oder kleiner als der Pflichtteil ist. Der Bundesgerichtshof war der Meinung, dass dieser Rechtsirrtum den Kläger zur Anfechtung der Annahme der Erbschaft (durch Nichtausschlagung) berechtige.
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2016, AZ IV ZR 387/15)