Erbrecht: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts an nur einem Teil eines Hauses.

//Erbrecht: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts an nur einem Teil eines Hauses.

Erbrecht: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts an nur einem Teil eines Hauses.

Wenn der Erblasser innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren vor seinem Tod Gegenstände verschenkt werden diese bei der Berechnung des Pflichtteils so behandelt, als ob sie sich noch im Nachlass befänden. Hieraus ergibt sich der sogenannte „Pflichtteilsergänzungsanspruch“.

Es ist seit langem ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die 10-Jahresfrist erst dann beginnt, wenn der Überträger sämtliche wesentlichen Rechte an dem verschenkten Gegenstand (im Wortlaut des Bundesgerichtshofs den „Genuss“) aufgegeben hat. Wird z.B. ein Haus nur „pro forma“ übertragen und der Überträger behält sich das lebenslange kostenfreie Nutzungsrecht vor, wird die Schenkung zeitlich unbefristet bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches berücksichtigt.

Der vorliegende Fall lag anders: Der Erblasser hat bereits im Jahr 1993 ein Haus auf einen seiner Söhne übertragen. Er behielt sich hierbei nicht den Nießbrauch an dem gesamten Objekt, sondern lediglich das Wohnungsrecht an einer von drei Wohnungen in dem verschenkten Gebäude einschließlich Nebenräumen vor. Es wurde auch kein Rückforderungsrecht vereinbart, der Beschenkte durfte lediglich das Grundstück nicht veräußern oder verändern.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Erblasser damit den „Genuss“ an dem Objekt aufgegeben habe, so dass die 10-Jahresfrist bei seinem Tod im Jahre 2012 verstrichen gewesen sei. Bei dem vorbehaltenen Nutzungsrecht an nur etwa 1/3 des Gebäudes habe sich der Erblasser nach Vollzug des Übertragungsvertrages nicht mehr als „Herr im Haus“ fühlen können, er habe also den Genuss an der Sache aufgegeben.

Zu der Frage, ob zumindest der Teil des Gebäudes, der dem lebenslangen Wohnungsrecht des Erblassers unterlag bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches berücksichtigt werden müsste, hat sich der Bundesgerichtshof nicht geäußert.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2016, AZ IV ZR 474/15)

By |2016-08-22T14:07:44+00:00August 22nd, 2016|Blog Kanzlei Zantke & Kollegen|0 Kommentare

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