Erbrecht – Kinder eines Verstorbenen sind regelmäßig vorrangig bestattungspflichtig gegenüber sonstigen Verwandten

//Erbrecht – Kinder eines Verstorbenen sind regelmäßig vorrangig bestattungspflichtig gegenüber sonstigen Verwandten

Erbrecht – Kinder eines Verstorbenen sind regelmäßig vorrangig bestattungspflichtig gegenüber sonstigen Verwandten

Findet sich kein Erbe, werden durch die Behörde die Verwandten wegen der Bestattungskosten in Anspruch genommen. Hier stellt sich die Frage, wer als Verwandter primär in Frage kommt und ob Kinder, die wegen Straftaten der Eltern nach § 1611 BGB von der Unterhaltspflicht befreit sind, haften können.

Der Sachverhalt:
Ein Bruder der Klägerin war verstorben. Die Behörde ermittelte unter den Angehörigen des Verstorbenen ein Sohn aus einer geschiedenen Ehe. Dieser lehnte es ab, für die Bestattung der Urne zu sorgen. Eine Eltern-Kind-Beziehung habe nicht bestanden. Der Verstorbene habe seinen Sohn auch nicht kindgerecht behandelt und ihm auch nie Unterhalt gezahlt gehabt. Der Anspruch des Verstorbenen gegen seinen Sohn auf Unterhalt gem. § 1611 BGB sei verwirkt. Eine Bestattungspflicht des Sohnes wäre somit unbillig.
Infolgedessen machte die Beklagte die Kostenerstattung gegenüber der Schwester durch Bescheid geltend. Das VG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Die Entscheidung:
Ausnahmen von der Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 NBestattG sieht das Gesetz nicht vor. Ein Entfallen der Bestattungspflicht aus Billigkeitsgründen kommt daher nur in besonderen Ausnahmesituationen in Betracht. Einem Angehörigen müsse es vielmehr unzumutbar sein (entspr. § 94 Abs.3 SGB XII). Die Vorschrift des § 1611 BGB, nach dem die Unterhaltspflicht des Kindes wegen grober Unbilligkeit eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, sei kein geeigneter Prüfungsmaßstab. Die Bestattungspflicht sei nur einmalig und mit begrenzten Kosten verbunden. Aus diesem Grund dürfe und müsse die Schwelle, ab derer von einer Unzumutbarkeit auszugehen ist, erheblich höher liegen. Denn ansonsten würde die Bestattungspflicht auf den entfernter Verwandten, der lediglich nächstrangig ist, oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, sogar auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Daher kann die Bestattungspflicht nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen oder bei einem vergleichbaren besonders schwerwiegenden elterlichen Fehlverhalten und einer daraus folgenden beiderseitigen grundlegenden Zerstörung des Eltern-Kind-Verhältnisses entfallen.

Ein lediglich zerrüttetes oder nur nicht bestehendes Verhältnis zum Verstorbenen ist demgemäß nicht ausreichend. Die Bestattungspflicht als Ausfluss der Totenfürsorge der Angehörigen ist in solchen Fällen nicht unerträglich und unverhältnismäßig.

VG Lüneburg 16.12.2014, 5 A 146/14

Hinweise:
Ob der Unterhaltsanspruch des Vaters zu seinen Lebzeiten gegenüber dem Sohn gem. § 1611 BGB verwirkt gewesen wäre, ist mehr als fraglich. Die im Fall geschilderten Umstände und der jahrzehntelange Kontaktabbruch hätten dafür allein nicht genügt. Weshalb schließlich kein Unterhalt gezahlt worden war, ergibt sich aus der Entscheidung nicht. Allein dies hätte bei gröblicher Verletzung der Unterhaltspflicht einen Unterhaltsanspruch des Vaters entfallen lassen können.

Die Angehörigen, die wegen der Bestattungskosten in Anspruch genommen werden, sind schließlich immer darauf hinzuweisen, dass bei eigener (Sozialhilfe-) Bedürftigkeit die Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger beantragt werden kann (Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII).

By |2019-01-06T09:52:19+00:00Januar 30th, 2015|Blog Kanzlei Zantke & Kollegen|0 Kommentare

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